Online Vermögensverwaltung ELVIA e-invest im Interview zu ETF Risiken

Online Vermögensverwaltung ELVIA e-invest im Interview zu ETF Risiken

by November 2, 2018

ETFs gewinnen aufgrund ihrer vielseitigen Vorteile zunehmend an Beliebtheit. Doch mit der Beliebtheit wächst auch die Kritik. Wir sprachen mit Klaus Thaler, CEO der Online Vermögensverwaltung ELVIA e-invest, über die Risiken von ETFs.

Klaus Thaler ist seit Mitte 2017 CEO der ELVIA e-invest. Zuvor war bei der Baloise Group im Risikomanagement tätig und ab 2013 bei der Allianz Suisse für verschiedene Projekte zuständig.

Klaus Thaler

Klaus Thaler

Online Vermögensverwaltungen werden unter Anlegern immer beliebter. Auch die Allianz hat mit ELVIA e-invest eine solche Lösung auf den Markt gebracht. Was können Kunden erwarten, wenn sie mit einem ETF-Portfolio bei ELVIA e-invest investiert sind?

Klaus Thaler: Mit ELVIA e-invest erhalten unsere Kunden eine ETF-basierte Vermögensverwaltung, die bereits ab 5000 Franken startend eine hohe Diversifikation erlaubt. Und das mit deutlich niedrigeren Verwaltungskosten (0.55% p.a.) als andere Lösungen. Unsere Dienstleistung eignet sich perfekt für Anleger mit einer langfristigen Anlagestrategie, um von makroökonomischen Trends zu profitieren anstelle auf kurzfristige Gewinne (und Risiken) des täglichen Börsengeschehens zu setzen.

Warum nutzen Sie nur ETFs in Ihren Portfolios?

Klaus Thaler: Für den Aufbau unserer Portfolios verwenden wir ETFs, die den Anforderungen unserer Anlagestrategien entsprechen. Wir entschieden uns für ETFs aufgrund ihrer inhärenten Vorteile. Sie bieten gegenüber Investitionen in Einzeltitel insbesondere grössere und genauere Diversifikationsmöglichkeiten – und das schon bei kleinen Anlagebeträgen. Gegenüber traditionellen Investmentfonds haben ETFs niedrigere Verwaltungsgebühren und sehr tiefe Einstiegsschwellen. Daneben sind sie auch liquider und damit leichter zu kaufen oder zu verkaufen, da sie täglich an der Börse gehandelt werden.

Wie bei jedem neuen Trend wachsen mit dem Boom auch die Kritiken. Die Deutsche Bundesbank untersuchte an der Börse beispielsweise Tage, die von besonderem Stress gekennzeichnet waren. Insbesondere die Rolle von ETFs wurde unter die Lupe genommen. Dabei verglich sie die Liquidität zwischen ETFs und direkten Anlagen. Das Ergebnis war, dass ETFs „besonders turbulente Phasen an den Finanzmärkten durchaus kurzfristig verstärken können“. Ignorieren Anleger dieses Risiko?

Klaus Thaler: Zuerst einmal möchte ich betonen, dass die Deutsche Bundesbank in besagter Untersuchung zum Schluss kommt, dass die von ETFs „ausgehenden spezifischen Risiken für das gesamte Finanzsystem derzeit – auch wegen der noch vergleichsweise geringen Grösse des Sektors – begrenzt“ sind. In der Tat liegt der Anteil von ETFs am weltweit verwalteten Fondsvermögen gemäss Deutscher Bundesbank bei geringen 14 Prozent. Da müssten ETFs schon magische Kräfte besitzen, um der Auslöser höherer Kursschwankungen zu sein.

Zusätzlich muss man bedenken, dass ein Grossteil des ETF-Handels am Sekundärmarkt abgewickelt wird. ETF-Anteile wechseln also den Besitzer, ohne dass die zugrundeliegenden Wertschriften gehandelt werden. Dies geschieht am Primärmarkt. Daher ist das angesprochene Risiko eher gering.

 

Wir setzten aktuell nur auf physisch replizierende ETFs

Kritiker zitieren dann den so genannten „Flash Crash“ vom 24. August 2015, wo der Handel mit bestimmten ETFs wegen hoher Kurseinbrüche eingestellt wurde. Kommen ETFs bei Marktverwerfungen unter Druck?

Klaus Thaler:  ETF spiegeln – wie andere Instrumente auch – aktuelle Marktbedingungen wider. Am Ende ist es immer noch Angebot und Nachfrage, welche den Preis eines Wertpapiers bestimmt. Gibt es Marktverwerfungen und rauschen Aktienpreise in den Keller, überträgt sich das auch auf ETF-Preise, genauso wie bei anderen traditionellen Fonds.

In Krisenzeiten ist vor allem auf einen Punkt zu achten: Liquidität. Und diese wird bei ETFs durch so genannte „Autorisierte Marktteilnehmer“ sichergestellt. Sie bringen die ETF-Anteile in den Börsenhandel und sorgen für einen fortlaufenden Handel. Durch ihre spezielle Anreizstruktur sorgen sie dafür, dass ETF-Preise nie stark vom zugrundeliegenden Index abweichen.

Im Worst Case Szenario – wenn kein Autorisierter Marktteilnehmer seine Aufgaben erfüllen kann oder möchte – kann diese Diskrepanz theoretisch aus dem Ruder laufen. Dann greifen aber in der Regel die Schutzmechanismen der Börse und der Handel mit den betreffenden ETFs wird ausgesetzt.

 

Etwa 80% meines Portfolios ist passiv angelegt

Es gibt aber auch Situationen, wo keine Schutzmechanismen greifen. Beispielsweise kann ja hinter einem ETF auch ein Tauschgeschäft, ein sogenannter Swap stecken (die ETF-Anbieter besitzen die Aktien oder Wertpapiere also gar nicht). Das Risiko, dass die Gegenpartei in Krisenzeiten nicht ihren Verpflichtungen nachkommen kann, ist real. Wie gehen Sie mit diesen Risiken um?

Klaus Thaler: Aus diesem Grund setzen wir aktuell nur auf physisch replizierende ETFs. Das bedeutet: Um dieselbe Rendite, wie der zugrundeliegende Index zu erzielen, werden alle oder ein Grossteil der im Index enthaltenen Wertpapiere gekauft. Damit ist das drin, was auch draufsteht. Es ist für Anleger transparent und leicht verständlich und zudem mit weniger Risiken verbunden.

Es kann aber für gewisse Märkte und Anlageklassen sinnvoll sein, eine so genannte synthetische Replikation mittels Tauschgeschäft zu wählen. Insbesondere Rohstoffe lassen sich nicht einfach direkt kaufen, ohne dabei an Transport oder Lagerung zu denken. Anleger müssen sich dann aber immer der zusätzlichen Risiken solcher ETFs bewusst sein.

Aber auch physisch replizierende ETFs haben ihre Schwächen. Vielleicht nicht für die Anleger, aber für den Markt im Gesamten. Einige Beobachter sind beispielsweise skeptisch gegenüber ETFs, weil automatisch Aktien aller im Index gelisteten Unternehmen gekauft werden. Werden diese Aktien damit nicht „hochgekauft“ und generieren eine überdimensionale Verzerrung des wahren Werts?

Klaus Thaler: Am Ende sind es immer Anleger, die Aktien kaufen wollen oder nicht. Täten sie es nicht mit ETFs, dann vielleicht als Direktanlage oder über einen traditionellen Fonds. Gäbe es aber in der Tat Verzerrungen, könnten Arbitrageure dies ausnützen und z.B. auf fallende Kurse wetten. 

Investieren Sie persönlich auch in ETFs?

Klaus Thaler: Ja, klar! Es wäre schon komisch, wenn ich persönlich nicht an das Anlageinstrument glaube, das wir bei ELVIA e-invest nutzen. Etwa 80% meines Portfolios ist passiv angelegt, da muss ich mich nicht gross darum kümmern und profitiere von den Wachstumstrends der Aktienmärkte. Die restlichen 20% sind für kurzfristige und risikoreiche Spekulationen.

 

Featured image credit: www.e-invest.ch