Opinion: Deutsche Banken und Sparkassen befinden sich mental noch im vorindustriellen Zeitalter

Opinion: Deutsche Banken und Sparkassen befinden sich mental noch im vorindustriellen Zeitalter

by September 26, 2019

Anders als die Banken in unseren Nachbarländern, wie den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Skandinavien, verharren die deutschen Banken und Sparkassen einer mentalen Blockade, die an die Zeit vor der Einführung des Deutschen Zollvereins erinnert. Genannt seien paydirekt, X-Pay oder die Single-Sign-On-Lösungen Verimi und YES.

Die Situation im damaligen Deutschen Bund vor der Einführung des Zollvereins:

Die 39 Einzelstaaten des Deutschen Bundes waren souverän in ihrer Politik, wodurch gemeinschaftliche Projekte oft blockiert oder verhindert wurden. Der innergemeinschaftliche Handel wurde, wie bereits zu Zeiten des Heiligen Römischen Reichs, aufgrund uneinheitlicher Wirtschafts- und Zollsysteme, extrem erschwert. Der Deutsche Bund konnte kaum von den bahnbrechenden Fortschritten der Industriellen Revolution profitieren, die in Frankreich und vor allem in Großbritannien große wirtschaftliche Umwälzungen herbeiführten.

Wenige Staaten, wie beispielsweise Preußen, erkannten frühzeitig die Notwendigkeit einer überregionalen Handelsplattform, wozu die Einrichtung von gemeinsamen Zollgebieten unumgänglich schien (Quelle: Entstehung und Geschichte des Deutschen Zollvereins 1806–1871 und Beleuchtung des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung überstaatlicher Handelsverträge).

Die Partikularinteressen der Fürsten standen der Verwirklichung eines wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraums und der Einführung einheitlicher Standards im Weg.

Zudem waren die einzelnen Fürsten im Deutschen Bund ab 1815 mehr daran interessiert, ihre Souveränität zu erhalten und auszubauen als Beiträge zu einem überregionalen Zollsystem zu leisten und dadurch Souveränität abzugeben. So beschränkten sich die meisten darauf, eigenständige regionale Zollsysteme zu errichten und individuelle Handelserleichterungen anzubieten (z. B. staatliche Handelsvergünstigungen, zinsgünstige Kredite, Steuer- und Zollvorteile) (ebd.).

Ein Habitus, der insbesondere in den Sparkassen und Genossenschaftsbanken nach wie vor weit verbreitet ist. Statt ein Stück Souveränität abzugeben, wie das Beispiel Yomo zeigt, wird verbissen versucht, das Regionalprinzip, das noch aus dem analogen Zeitalter stammt, mehr oder weniger 1:1 in die digitale Welt zu überführen.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Ralf Keuper’s Blog bankstil.de, Featured image via Unsplash